Sonntag, 02.04.: Letzte Nacht konnte ich endlich mal ein bisschen Schlaf nachholen. Erst um 7:30 Uhr klingelte der Wecker Kurz darauf freute ich mich schon auf ein leckeres und inkludiertes Frühstück. Leider musste ich mich erst in eine Schlange einreihen und einige Minuten warten, aber halb so schlimm. Dafür war das Frühstück aber wirklich top!
Unsere Reise sollte uns heute nach Koyasan führen, einem kleinen, ein wenig in den Bergen gelegener Ort, der für seine grosse Anzahl an Tempeln bekannt ist. Toshi entschied sich heute für die neongrüne Jacke, damit man ihn auch jederzeit bestens orten kann. Sein Lieblingsspruch ist zweifelsfrei “so far, so good!” Das sagt er immer wenn er an einem gemeinsamen Treffpunkt durchgezählt und festgestellt hat, dass alle da sind.
Unser großes Gepäck konnten wir glücklicherweise direkt nach Hiroshima transferieren lassen, so dass wir nur mit einem kleinen Rucksack “beladen” den unsere heutige Tour antreten konnten. Wir fuhren ein paar Stationen mit der Metro…
…etwa 90 Minuten mit dem Zug…
…und einer etwas klapprigen Zahnradbahn. Die war zwar schon ziemlich in die Jahre gekommen und sicher nicht mehr die schnellste; trotzdem hat sie eine ordentliche Steigung überwunden.
Pünktlich zum Mittag erreichten wir Koyasan und unsere Behausung für die heutige Nacht, den Tempel “Ekoin”. Ganz schön frisch war es da. Es lag sogar noch einiges an Schnee.
Die erste Regel, über die wir von “Ebu” (unserem “Ansprechmönch”) erhielten galt dem Schuhwerk:
1) Im Tempel keine Strassenschuhe, sondern Slipper!
2) In den Zimmern dann auch die Slipper ausziehen!
3) In Toiletten eigene Slipper gegen “Toilettenslipper” austauschen!
O.k., verstanden. Was einige Regeln angeht, sind die Japaner sehr unflexibel (nicht abwertend gemeint), und bestehen darauf, dass man diese so akzeptiert und annimmt wie sind eben nunmal sind. Heute Morgen beim Frühstück z.B. wollte ich die gute Dame am Einlass davon überzeugen, dass ich gerne einen Stuhl an einen Tisch ranschieben könne, an dem schon einige andere aus meiner Gruppe saßen. So müsse ich alleine nicht einen ganzen 4-er Tisch blockieren und es wäre alles schneller vorangegangen… Wollte Sie partout nicht! Alles muss seine Ordnung haben!
Mein Zimmerchen für heute ist wirklich gemütlich, auch wenn mich von den anderen Zimmern nur ein paar “Pappschiebetüren” trennen, und somit alles recht hellhörig ist. Super ist die Heizung unter dem Tisch. So bekommt man garantiert keine kalten Füsse
Nach dem Mittag lud uns Toshi zu einer kleinen “Tempeltour” ein. Zuerst zeigte er uns aber wie man den Göttern gegenüber seinen Respekt zeigt. Man säubert zuerst die linke Hand, dann die rechte, und am Ende befeuchtet man noch leicht die Lippen.
Insgesamt befinden sich 117 Tempel auf dem nur etwa 5km² kleinen Stadtgebiet von Koyasan. In 52 davon sind Übernachtungen von Touristen möglich. Von den “nur” 4000 Einwohnern sind etwa ein Viertel Mönche…
Insgesamt besichtigen wir 5 Tempel. Zu jedem wusste Toshi einiges zu erzählen, und gab uns auch bei jedem Tempel eine entsprechende Infobroschüre mit. Ich würde an dieser Stelle mal davon absehen zu jedem Tempel hier weit auszuholen… Sie waren alle ein wenig verschieden gebaut und (im Vergleich zu den Tempeln in China) alle in sehr gutem Zustand.
In Koyasan befindet sich ebenfalls der größte Friedhof Japans. Insgesamt über 200000 Gräber, dazu einige Tempel und Buddha-Figuren kann man hier besichtigen. Interessant: Jeder könnte sich rein theoretisch auf diesem Friedhof begraben lassen. Herkunft oder Religion spielen überhaupt keine Rolle.
Zurück im Hotel öffnete ich die “Pappschiebetür” meines Zimmers und fand ein frisch gemachtes Bett vor. Die Mönche sind hier wirklich sehr zuvorkommend und freundlich.
Um 16:30 Uhr konnte die Gruppe dann an einer Meditation mit einem Mönch teilnehmen. Yoa… Einatmen, Ausatmen, Hände falten, verbeugen… das wars… interessant das mal mitgemacht zu haben, aber jeden Tag?
Zum Dinner fand jeder von uns zwei toll zusammengestellte Gänge verschiedenster vegetarischer Gerichte vor (alle Mönche sind Vegetarier). Natürlich haben wir auf dem Boden sitzend diniert.
Dass die Japaner gerne und oft baden haben ich schon mehrfach mitbekommen: Heute hatten wir die Möglichkeit ein echtes japanisches Bad zu nehmen. Auch hier gelten folgende (streng einzuhaltende) Regeln:
1) Männer und Frauen baden immer getrennt bzw. jeder hat seine eigene “Badewanne”.
2) Keine Kleidung ist erlaubt, man badet also nackt.
3) Ganz wichtig ist die richtige Reihenfolge: Gründlich abduschen, baden, nochmal gründlich einseifen und abduschen, nochmal baden.
4) Ruhiges Verhalten, keine Getränke bzw. kein Essen
Selbstverständlich hielt ich mich an alle Regeln. Ich hatte Glück, und war allein… sehr, sehr entspannend!!!
Zum Abschluss des Tages kehrten wir nochmals zum Friedhof zurück. “The atmosphere is completely different when it`s dark!” meinte Toshi… bei dem einstündigen Rundgang erzählte uns Ebu auch noch sehr viel Wissenswertes über den buddhistischen Glauben. Ansonsten fand ich den (sehenswerten) Friedhof im hellen besser…
Soooo, hier im Tempel sind inzwischen alle Lichter aus. Also werde ich meins jetzt auch mal ausschalten und mich in die Horizontale begeben. War heute sehr interessant zu sehen wie die Mönche hier leben. Ich hoffe, ich komme morgen früh zeitig aus dem Bett, um die Morning Ceremony mitzuerleben.
Bis morgen dann
Ps.: Wie ihr seht hat der Tempel hier unverhoffter Weise doch ein passables WLAN zu bieten