Freitag, 05.07.: Heute Nacht habe ich eigentlich ganz gut geschlafen. Im Allgemeinen schaukelt das Schiff wirklich nur recht wenig. Von den 88 Passagieren hier an Bord hatten wir bisher auch maximal nur zwei leichtere Fälle von Seekrankheit. Unser Bordarzt konnte hier aber mit den entsprechenden Medikamenten recht schnell helfen. Da sich das Schiff in der Nacht weiter Richtung Norden bewegte (siehe Karte, wir starteten ja in Longyearbyen), wachten wir quasi direkt am Ausgangsort unseres ersten Landausfluges auf, der kleinen Siedlung Ny-Alesund.
Früher war der Ort bekannt für seinen Kohlebergbau, an den heute nur noch eine über 100 Jahre alte Lokomotive mit Anhängern erinnert (eines der beliebtesten Fotomotive Spitzbergens). Dafür finden sich zwischenzeitlich viele internationale Forschungsstationen in Ny-Alesund. Da die meisten Projekte für die Sommermonate geplant werden, schwankt die Anzahl der Einwohner zwischen 180 (im Sommer) und 20 (im Winter). Eine “Zivilbevölkerung” gibt es ebenso seit vielen Jahren nicht mehr, also auch keine Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser usw. Mehrmals pro Woche erreicht eine kleine Propellermaschine aus Longyearbyen die Siedlung, eine Straßenverbindung existiert nicht.
Leider hatte auch das nördlichste Postamt der Welt (Bild unten links) heute leider geschlossen.
Große Bekanntheit erfuhr Ny-Alesund allerdings durch den Abenteurer Roald Amundsen, der im Jahre 1926 gemeinsam mit dem Italiener Umberto Nobile und 16 weiteren Besatzungsmitgliedern im Luftschiff “Norge” den Nordpol erreichte. Es gilt als die erste erfolgreiche und eindeutig belegte Nordpolfahrt der Geschichte. Ihm zu Ehren wurden eine große Statue im “Ortszentrum” erbaut. Ebenso ist der fast 100 Jahre alte Landemast (inzwischen ziemlich rostig) noch heute zu besichtigen.
Ein bisschen “Wildlife” gab es auch heute zu sehen.
Gegen Mittag setze die Plancius dann Ihre Reise in den Norden fort. Die Gletscher werden immer größer und beeindruckender, die auf dem Wasser treibenden Eisschollen ebenso… auch der Wind scheint immer kräftiger zu blasen, je weiter nördlich wir fahren. Eigentlich sind die Temperaturen noch recht angenehm (um die +5 Grad). Mit dem entsprechenden Wind im Gesicht sind wir gefühlt im zweistelligen Minusgradbereich.
Durch die Größe und die vielen offenen Flächen auf dem Schiff merkt man gar nicht, dass doch relativ viele Leute an Bord sind (eigentlich fällt das nur bei den Mahlzeiten und den Briefings auf). Die Chinesen sind eh meistens auf dem Zimmer, und viele der älteren Passagiere sind ebenso froh, wenn Sie zwischen den Aktivitäten mal kurz die Augen zumachen können. Einige Fotofanatiker verbringen jede Minute im Freien, andere sitzen gerne an der Bar oder im Aufenthaltsraum…
Am Nachmittag wurden wir dann zu den anstehenden Zodiac-Ausflügen gebrieft. Auf der Karte seht Ihr alle Orte, an denen (wenn das Wetter mitspielen sollte) einen (Land-)Ausflug geplant ist. Aktuell sind wir ganz im Nordwesten der Insel.
Für die Ausflüge mit den Schlauchbooten (Zodiacs) gilt es ziemlich viele Regeln zu beachten. Da ist zunächst einmal die Kleidung. Wasserfeste und fast kniehohe Gummistiefel sind genauso Pflicht, wie eine wasserfeste Jacke und Hose. Alles was irgendwie trocken bleiben muss, sollte in einem “Drybag” verstaut werden. Dann muss man sich jedes mal wenn man das Boot verlässt (und später wieder betritt) mit einer Chipkarte ein- und auschecken. Diverse Regeln gibt es dann natürlich auch fürs Ein- und Aussteigen in das Schlauchboot, fürs Fotografieren usw. Bin mal gespannt wie die Chinesen das hinkriegen werden… die können alle kein Wort englisch, und auch ihre Übersetzerin schein nicht so den Durchblick zu haben…
Heute stand nur eine kurze Zodiac-Tour ohne Landung am Ufer auf dem Programm.
Quizfrage: Aus welchem Land sind die Herrschaften in dem Schiff unten? Es ist auch hier genauso wie ich es in China erlebt habe. Alle haben die selben Funktionskleidung an. Jeder hat die gleiche Kamera. Wenn einer ein Foto macht, machen die anderen genau das selbe Foto. Alle kommen zusammen zum essen, und gehen auch wieder zusammen usw. einerseits lustig, andererseits schüttelt man da auch mit dem Kopf.
Neben vielen beeindruckenden Gletschern bekamen wir vom Zodiac aus immerhin ein paar Walrosse zu sehen. Während wir mit minimal 4-5 Schichten Bekleidung und zwei paar Handschuhen in den Zodiacs froren, mussten sich die Walrosse ab und zu im Wasser abkühlen, damit sie nicht überhitzen (kein Spaß). Ihre mehrere Zentimeter dicke Fettschicht hält sie selbst im tiefsten Winter warm, so dass es Ihnen bei Temperaturen über 0 Grad schnell mal zu warm wird. Walrosse werden bis 25 Jahre alt und können deutlich über 500kg auf die Waage bringen…
Gegen 19 Uhr waren wir dann wieder auf dem Schiff zurück. Dann schnell raus aus den vielen Klamotten und ab zum Abendessen. Ich bin wirklich sehr froh, dass ich mir nur mit einer Person die Kabine teilen muss. Wir müssen uns hier wirklich oft umziehen (auch wenn wir immer genug Vorlauf haben), Dinge in die Kabine bringen usw. Die 4er-Kabinen sind nicht viel größer, und verfügen auch über nicht viel mehr Stauraum… also ich genieße mein Upgrade in vollen Zügen.
Morgen gehts weiter Richtung Norden… dann gibts hoffentlich mal ein paar Eisbären zu sehen.
Bis morgen dann